Die Therapiemethode der Akupunktur wird in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) schon seit Jahrtausenden erfolgreich angewandt. Die Behandlungsform etabliert sich auch in Deutschland immer mehr und neueste wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen ihre Wirksamkeit.
Während die Schulmedizin vor zirka 100 Jahren damit begann, den menschlichen Organismus immer mehr zu zerlegen und seine Einzelteile zu untersuchen, wurde die Psyche des Menschen separat davon behandelt. In der ganzheitlichen Chinesischen Medizin steht dem entgegen gerade der Zusammenhang zwischen Körper und Seele des Menschen und seiner Umwelt im Vordergrund.
Bei der Akupunktur werden an genau festgelegten Punkten, die auf Leitlinien (Meridianen) im Körper liegen, feine Akupunkturnadeln unterschiedlich tief eingestochen. Nach altchinesischer Auffassung fließt in ihnen die Lebensenergie mit ihren Anteilen YIN und YANG. Ihr Gleichgewicht im Organismus stellt den idealen Gesundheitszustand dar. Herrscht ein Ungleichgewicht an Lebensenergie führt das auf Dauer zu Krankheit. Mit den Nadelstichen soll das Gleichgewicht wieder hergestellt und Störungen im Organismus beseitigt oder gelindert werden.
Eine gerade veröffentlichte Studie der Friedrich-Schiller Universität Jena belegt nun die schmerzlindernde Wirkung der Akupunktur nach objektiven wissenschaftlichen Kriterien im Sinne der Schulmedizin. Bislang war die Wirksamkeit der Methode umstritten, da sie nicht messbar war, erklären die Wissenschaftler in der US-Fachzeitschrift „Anesthesia & Analgesia“.
In dem Forschungsprojekt haben Ärzte Versuchspersonen unter Vollnarkose Schmerzreizen ausgesetzt. Sie haben bei einigen eine elektrische Nadelakupunktur angewandt, andere blieben unbehandelt. Die Schmerzreize lösten bei Akupunktierten eine deutlich schwächere Reaktion im Gehirn aus. So konnte die schmerzlindernde Wirkung objektiv gemessen werden. Da die Testpersonen unter Narkose standen, konnte gleichzeitig ausgeschlossen werden, dass die Methode nur funktioniert, weil die Patienten daran glauben. Akupunktur sei nach Meinung der Jenaer Forscher jedoch ein relativ schwaches Schmerzmittel, das zur Behandlung starker Schmerzen wahrscheinlich nicht ausreiche.
Von anderen Erfahrungen berichtet Ulrich Trappe, Anästhesist im Marienkrankenhaus Hamburg. Der ausgebildete Akupunkteur überzeugte sich während seiner Fortbildung in einem chinesischen Krankenhaus selbst von den neuesten Anwendungsformen der Akupunktur: „Ich konnte in China an Operationen teilhaben, bei denen Patienten allein durch Akupunktur behandelt wurden. Auch starke Schmerzen konnten mit Nadelstichen betäubt werden, es war keine Narkose notwendig.“
Die Akupunktur wird zur Heilung verschiedenster Krankheiten eingesetzt, besonders wirkungsvoll ist sie nach der Weltgesundheitsbehörde (WHO) vor allem bei schmerzhaften Erkrankungen wie zum Beispiel Migräne, chronische Kopfschmerzen und Kreuzschmerzen. Aber auch Erkältungskrankheiten, Verstopfung, Osteoarthritis, Lähmungen und Schlaganfälle und andere können mit der Nadelstich-Methode therapiert werden.
„In China wird in jüngster Zeit die Akupunktur sogar erfolgreich bei Patienten, die an starkem Übergewicht leiden und Schlaganfallpatienten angewandt“, erklärt Ulrich Trappe. Bei Übergewichtigen sollen die Nadeln das Hungergefühl dämpfen, der Patient wird aber trotzdem nicht darum herum kommen, seine Ernährung langfristig zu ändern und Sport zu treiben, wenn er abnehmen will.
Bevor die Therapie beginnt, muss als erstes herausgefunden werden, was die Krankheit letztendlich ausgelöst hat. Psychische Probleme, Entzündungen oder Giftbelastungen im Körper können ihren Ausbruch verursacht haben.
„Die klassische Diagnose erstellt der Akupunkteur, indem er die Zunge und den Puls des Patienten untersucht. Da jedes Organ seine eigene Pulsstelle hat, zeigt sich jede Störung in der Veränderung des Pulses“, sagt Ulrich Trappe.
Wenn die Diagnose erstellt ist, hat der Therapeut verschiedene Möglichkeiten, die entsprechenden Akupunkturpunkte zu reizen. Er kann feine Nadeln, Wärme, Strom oder Laserstrahlen verwenden. Die Ohr-Akupunktur ist nach Ansicht chinesischer, russischer und deutscher Forscher besonders wirksam bei Schmerzzuständen, da der Reflexweg zwischen Ohrmuschel und den Schmerzzentren des Gehirns kurz ist. Der Therapeut hat auf dem Ohr ungefähr 110 Punkte, die er zur Diagnose und Therapie verwenden kann.
Artikelausschnitt: Kleine Nadeln mit grosser Wirkung, Zeit-Wissen